Interview mit Ram Ram – Arhanta Yoga Ashrams in Indien und Europa
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Seit wann und warum gibt es das Arhanta Yoga Ashram in den Niederlanden?
Wir haben das Arhanta Yoga Ashram in den Niederlanden im März 2014 eröffnet. Es ist eine Zweigstelle des Arhanta Yoga Ashrams in Indien. Wir haben es mit dem Ziel eröffnet, den Leuten in den Niederlanden und ganz Europas den klassischen Yoga näher zu bringen. In unseren Ashrams wollen wir den Menschen die Möglichkeit geben, dem 5000 Jahre alten traditionell indischen System des Yogaunterrichts zu folgen und zu lernen, wie sie Yoga in ihren Alltag integrieren können.
Wir haben festgestellt, dass viele Menschen einen yogischen Lebensstil kennenlernen möchten, die meisten Ashrams in Europa stellen jedoch mehr ein Yoga Resort mit luxuriöser Ausstattung dar, wodurch die Schüler nicht diese authentische Erfahrung bekommen. In unserem niederländischen Ashram beabsichtigen wir für genau das gleiche Erlebnis wie in Indien zu sorgen. Wir wollen die Umgebung sowie den Unterricht authentisch und traditionell halten, damit die Leute echten Yoga in einem glaubwürdigen Umfeld erfahren können.
Wir haben auch bemerkt, dass das Leben in einem Ashram, wenn auch nur für kurze Zeit, eine Art Augenöffner für die meisten Menschen ist. Es unterstützt sie dabei ihre Stärken und Schwächen sehr deutlich zu bestimmen. Es zeigt ihnen die emotionale Last, die sie mit sich herumschleppen, auf. Und es hilft ihnen ebenfalls dabei, über die Reaktionen ihres Geistes sowie über die Herausforderungen, die sich bei der Anpassung an die minimalistische und einfache Lebensführung eines Ashrams ergeben, nachzudenken.
Wir setzen einen Schwerpunkt auf Yogalehrer-Ausbildungen, bei denen die Schüler bei uns bleiben und wohnen. Diese Kurse bieten wir auch in unserem Ashram in Indien an. Wir haben in Tilburg Ausbildungen durchgeführt, bei denen die Leute am Ende des Tages wieder nach Hause gegangen sind, aber da hat uns die Wirkung gefehlt, die die Atmosphäre eines Ashrams auf die Schüler hat. So ein Aufenthalt unterstützt sie sich vollkommen auf das Lernen und ihre Yoga- und Meditationspraxis zu konzentrieren, ohne dabei von Internet, Gerätschaften und ihren alltäglichen Problemen abgelenkt zu werden.
Wie sieht Ihr Werdegang aus?
Ich wurde 1980 in Neu Delhi, Indien, in eine sehr spirituelle Familie der Hindu Jain Richtung, geboren. Yoga Philosophie und Spiritualität war von klein auf Teil meiner Erziehung. Seit ich neun bin sind Yoga und seine Philosophie in meinem Lehrplan. Ich habe bei verschiedenen, renommierten Yogalehrern gelernt und praktiziert. Nun unterrichte ich bereits seit 1998 klassischen Yoga, yogische und vedische Philosophie. In den vergangenen 15 Jahren habe ich tausende Schüler aus den verschiedensten Teilen der Erde unterrichtet. Zudem habe ich während der letzten sechs Jahre ebenso über 800 Yogalehrer aus der ganzen Welt ausgebildet.
Was ist das Ziel von Yoga?
Laut der Yoga Philosophie haben wir als menschliche Wesen alle unterschiedlich ausgeprägte Grundcharaktere. Jeder verhält sich, denkt und benimmt sich gemäß diesen Charakters. In der vedischen Philosophie sind sieben Charakterstufenstufen beschrieben, wobei die erste die höchste und die siebente die niedrigste ist. Menschen, die höhere Ebenen erlangt haben, haben sich vom Ego, von Ängsten und von Ärger befreit. Sie lassen sich nicht von ihren fünf Sinnen leiten und sie haben ein klares Verständnis der Naturgesetze und besitzen einen sehr hohen Erkenntnisstand. Die unteren Schichten haben einen sehr geringen Grad an Bewusstsein und weisen animalisches Verhalten auf. Sie sind beispielsweise sehr egoistisch und gierig, übertreiben es mit sinnanregenden Vergnügen und sind nur damit beschäftigt, wie sie am meisten für sich selbst herausholen können.
Yoga bedeutet wörtlich „verbinden, vereinigen“ und sein Ziel ist es, die unterste mit der höchsten Natur zu verbinden, um das eigene Selbst von der niedrigsten in die höchste Erkenntnisstufe zu bringen. Man kann auch sagen, dass das oberste Ziel von Yoga ist, das Selbst zu verstehen und die fünf Sinne zu beherrschen, um sich also von sinnlichen Gelüsten, die den Verstand lenken, zu befreien und sich von weltlichen Freuden zu lösen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Erleuchtung. Es existieren verschiedene Wege und Techniken, um dieses Ziel zu erreichen. In den Veden sind vier Wege des Yoga beschrieben. Die Bhagavad Gita spricht in Verbindung mit Befreiung und Freiheit ebenso von diesen vier Pfaden. Diese vier Wege sind: Raja Yoga, Bhakti Yoga, Jnana Yoga und Karma Yoga. Jeder dieser vier Wege oder jede beliebige Kombination davon können zur Erleuchtung führen.
Welche Rolle spielen Asanas in Verbindung mit dem Ziel von Yoga?
Asanas sind Teil der Hatha Yogapraxis und Hatha Yoga wiederum ist ein Zweig des Raja Yoga, das Yoga der Kontrolle. Im Raja Yoga befolgen die Praktizierenden verschiedene Methoden, um Kontrolle über die fünf Sinne, den Intellekt, den Verstand und den Körper zu erlangen. Sobald diese Kontrolle erreicht ist, steigt der Bewusstseinsgrad und es kommt zur Erleuchtung.
Gemäß dem klassischen Text Yoga Sutra von Patanjali ist es sehr wichtig die ersten Stufen des Raja Yoga, also Yamas und Niyamas, zu befolgen, um ein höheres spirituelles Niveau zu erreichen. Diese beiden sind Verhaltensregeln und moralische Richtlinien, um die fünf Sinne zu beherrschen und infolgedessen den Verstand zu kontrollieren und sich von allen weltlichen Dingen zu lösen. Dem Weisen Patanjali zufolge sollen zuerst die Yamas und Niyamas praktiziert werden, erst dann kann man sich in Asanas und Pranayama versuchen.
Heutzutage ist das spirituelle Bewusstsein allerdings allgemein sehr niedrig, die Menschen sind materialistisch veranlagt und mit sinnlichen Genüssen beschäftigt. Aus diesem Grund ist die Bewusstseinskontrolle durch diese strengen Leitfäden eher ein Hindernis als ein Sprungbrett in die spirituelle Entfaltung.
Geht man nach einem anderen alten Yogatext, dem Hatha Yoga Pradipika, sind Yamas und Niyamas zweitrangig. Die Sutras sind so ausgelegt, um Spiritualität Suchende bei der Kontrolle ihres Geistes durch Körperbeherrschung, zu führen. Durch das Meistern von Asanas und Pranayama wird der Geist geleitet und die Prinzipien von Yama und Niyama können viel leichter integriert werden.
Von meiner eigenen Erfahrung und Verstehen ausgehend ist es unabdingbar zu lernen und zu versuchen die Yamas und Niyamas so weit es möglich ist, in deinen Lebensstil zu integrieren und zwar während du daran arbeitest, durch Körper- und Atemübungen Bewusstseinskontrolle zu erreichen. Ein spiritueller Aspirant sollte ein gewisses Grad an Einsatz und Hingabe gegenüber der Anwendung von Yama und Niyama verspüren bevor er ein ernsthaftes Yoga Asana Training anstrebt. Es ist ebenso erforderlich das Ziel des Yoga zu verstehen, ansonsten sind alle Asanas, unabhängig davon wie ausgefallen und kunstvoll sie sind, nichts als bloße Gymnastikübungen.
Im Unterricht und in der Praxis sollten die wahren Ziele des Yoga verstanden werden:
Vor vielen tausenden Jahren wurden die Asanas in Indien ursprünglich von Mönchen entwickelt. Diese haben sich einer streng spirituellen Praxis, die viele Stunden täglicher Meditation miteinschloss, unterzogen. Infolge der zahllosen Stunden in kompletter körperlicher Stille und der fehlenden physischen Bewegung während der Meditation, haben die inneren Organe nicht mehr richtig gearbeitet und die Mönche sind oft krank geworden. Leibesübungen waren nicht geeignet, da sie zu Hunger und Durst führten und die Mönche ja nur einmal am Tag eine sehr kleine Menge aßen und tranken. Daher entwickelten sie Asanas, die die inneren Organe anregten ohne dabei Hunger zu erzeugen. Asanas wurden geübt, um die Hormondrüsen zu stimulieren und auszugleichen, was die ordnungsgemäße Funktion der Organe, wie zum Beispiel Herz, Nieren, Leber etc., unterstützen soll. Wenn die Grundkörperfunktionen gut arbeiten, kann sich der Körper von allen Krankheiten befreien. Aus energetischer Sicht werden durch die Asanas die Sonnen- und Mondenergien im Körper ausgeglichen, was zu Klarheit und emotionalem Gleichgewicht führt. Körperliche, emotionale und geistige Gesundheit sind wesentlich für Meditation und dem Bestreben nach spiritueller Entfaltung.
Den physischen, emotionalen und mentalen Körper gesund und ausgeglichen zu halten ist also der wahre Zweck der Yoga Asanas und nicht etwa nur Muskelaufbau und -dehnung. Die Veränderungen im äußeren Erscheinungsbild durch regelmäßiges Üben von Hatha Yoga Asanas sind ein Nebeneffekt und sollten nicht mit dem Zweck verwechselt werden. Außerdem sind Asanas, wie bereits erwähnt, eine Möglichkeit zur Beherrschung des Körpers und mit dem richtigen Fokus und Einsatz auch ein Weg, um Kontrolle über den Geist zu gewinnen.
Welches Ziel haben Sie für Arhanta Yoga gesetzt?
Heutzutage wird Yoga nur als eine körperliche Betätigungsform oder im besten Fall als ein Mittel zu mehr Entspannung betrachtet. Der eigentliche Zweck und die richtige Art und Weise Yoga auszuführen, ist im Übergang verloren gegangen. Ich beobachte oft, dass aufgrund einer fehlenden profunden Ausbildung und einer glaubwürdigen Wissensquelle, das, was viele Lehrer heute unterrichten nicht Yoga ist, sondern lediglich ein paar andere Übungen, die als Yoga bezeichnet werden.
Bei Arhanta Yoga wollen wir die Auffassung des klassischen Yoga, die traditionelle Art Yoga zu üben und das eigentliche Ziel von Yoga verbreiten. Wir wollen das uralte Wissen in Umlauf bringen, ohne dabei orthodox oder Konfession- gebunden zu sein. Wir sind danach bestrebt, die Menschen zu unterstützen ein echtes Yoga-Erlebnis und zu bekommen und die wahren Effekte, die weit über die physische Ebene hinausgehen, zu erfahren.
Was möchten Sie in den Niederlanden erreichen?
Ich möchte unsere Studenten dabei unterstützen, Klarheit in ihrem Leben zu finden und ihnen zeigen, wie Yoga ihnen dabei helfen kann. Ich möchte den Menschen helfen, Bewusstsein über den Sinn ihres Lebens zu bekommen und dementsprechend ihr Leben auch zu führen. Ich möchte für meine Schüler aufrichtig und zugänglich sein, genauso wie das auch meine Lehrer für mich waren.
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